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Achtsamkeit

Jul 30, 2023 | Allgemein

Im Hier und Jetzt ankommen, ganz im Moment sein.

 

Vor einigen Jahren hat mir eine Freundin nahe gelegt, ich solle mich doch mal mit Achtsamkeit beschäftigen. Meine Reaktion: Widerstand! Ich hatte im Grunde keine Ahnung, von was sie geredet hat, aber ich war erst mal pauschal dagegen.

Heute muss ich darüber lachen und ich kann gar nicht mehr genau sagen, was damals in mir vorgegangen ist. Ich schätze, ich hatte eine völlig andere Vorstellung von dem, was Achtsamkeit bedeutet. Ehrlicherweise muss ich sagen, dass sich der Begriff damals in mir festgesetzt hat und ich mich dann doch zunehmend damit beschäftigt habe.

Tatsächlich ist für mich Achtsamkeit inzwischen die Mutter aller Veränderung. Nur, wer achtsam mit sich selbst ist, kommt sich und seinen Autopiloten auf die Spur.

Ich verstehe heute genau, was meine Freundin mir damals sagen wollte: ich war im Kopf überall unterwegs, aber selten im Moment, ich habe mich verzettelt und ein großer Teil meines Lebens verlief auf besagtem Autopilot. Und ich war unzufrieden! Irgendwie war so das Gefühl, ich werde gelebt statt dass ich selbst lebe.

Was also ist Achtsamkeit? Und was bewirkt sie?

Geprägt hat den Begriff vor allem Jon Kabbat-Zinn, ein amerikanischer Molekularbiologe. Er orientierte sich dabei an einer Meditationspraxis aus dem Buddhismus. Grundlage dafür war seine Erkenntnis, dass Stress krank macht. Stress wirkt sich negativ auf das Immunsystem und die körperliche Gesundheit aus, was sich wiederum auf das psychische Wohlbefinden auswirkt, und andersherum. Sein Ziel war es, Menschen in die Lage zu versetzen, besser mit Stress, Anspannung und Krankheit umgehen zu können.

Mittlerweile hat Achtsamkeit in vielen Bereichen Einzug gehalten, unter anderem im medizinischen Bereich. In der Psychotherapie wurde MBSR als Therapieform entwickelt. MBSR steht für Mindfulness based Stress reduction, was übersetzt so viel bedeutet wie Achtsamkeitsbasierte Stressreduktion. Achtsamkeit wird aber nicht nur als Therapie eingesetzt, sondern unter anderem auch zur Unterstützung des Wohlbefindens. In vielen Firmen wird Achtsamkeit ebenfalls praktiziert, hat man doch die Erfahrung gemacht, dass sich dadurch sowohl die Stimmung als auch die Produktivität verbessern können.

Was ist Achtsamkeit?

Achtsamkeit ist eine innere Haltung und eine bewusste Entscheidung. Im Hier und Jetzt ankommen, ganz im Moment sein. Es geht dabei um die Wahrnehmung von Gedanken, Körperempfindungen und Emotionen und das Ausschalten des Autopiloten, der uns oft durch den Tag steuert. Dabei ist es entscheidend, dass nur wahrgenommen, aber nicht gewertet oder geurteilt wird. Was in dem Moment ist, darf sein. Einfach so. Es wird nicht bewertet.

Autopilot

In unserem leistungsorientierten und hektischen Alltag geht uns viel verloren. Wir sind nur selten in der Lage, die Magie des Augenblicks wahrzunehmen. Zu oft sind wir in Gedanken schon bei der nächsten Handlung oder verlieren uns im Nachdenken über längst Vergangenes.

Zudem verlieren wir uns in Routineabläufen, schalten auf Autopilot. Das ist im Alltag oft nützlich. Es hilft uns, gut durch den Tag zu kommen und komplexe Handlungsabläufe zu koordinieren.

Kannst Du Dich an deine Fahrstunden erinnern? An das Gefühl, dass das alles viel zu komplex ist mit dem Schauen, Wahrnehmen, Schalten, Füße koordinieren etc.? Hattest Du auch das Gefühl, das niemals zu schaffen? Du hast es doch geschafft durch wiederholtes Üben und heute laufen alle diese Vorgänge automatisch ab, ohne dass Du darüber nachdenken musst. Hier hilft der Autopilot immens, ohne ihn würdest Du immer noch gestresst in deinem Auto sitzen und total geschafft am Zielort ankommen.

Dieser Autopilot ist allerdings auch in vielen anderen Bereichen angeschaltet. Beispielsweise bewerten wir andere Menschen häufig ganz automatisch, ohne dass uns das bewusst ist. Bestimmte Merkmale öffnen bestimmte Schubladen, in denen wir Menschen ablegen. So nehmen wir uns die Chance, ganz neue Erfahrungen zu machen und unseren Horizont zu erweitern.

Darüber hinaus gibt es viele unbewusste Prozesse, in denen wir mit den Gedanken überall sind, nur nicht im gegenwärtigen Moment. Ein gutes Beispiel ist das Essen. Nimmst Du Dir Zeit, das Essen wirklich zu schmecken? Nimmst Du wahr, wie es riecht, welche Geschmacksknospen es kitzelt? Schaust Du Dir Dein Essen wirklich an, bevor Du isst? Oder bist Du in Gedanken beim zurückliegenden Gespräch mit Deiner Freundin? Denkst Du darüber nach, welche Aufgaben Du nach dem Essen noch erledigen musst? Schaust Du vielleicht Fernsehen oder spielst während des Essens mit Deinem Handy herum?

Der Autopilot hat natürlich im Alltag seine Berechtigung, Du kannst nicht ständig achtsam sein. Du kannst aber darauf achten, dass Du Deine Routinen immer wieder durch achtsame Handlungen und Wahrnehmungen unterbrichst. Ich verspreche Dir, Du wirst die Welt nach relativ kurzer Zeit anders sehen und eine Form von Fülle erleben, die Du so noch nicht kennst. Die Welt wird tatsächlich zu einem schöneren Ort, wenn Du Dich für Achtsamkeit entscheidest und ihr einen größeren Raum in Deinem Leben einräumst. Du selbst wirst gelassener und kannst Deine Umgebung und Deine eigenen Empfindungen bewusster wahrnehmen. Du denkst, das ist eine kühne Versprechung? Probiere es aus!

Wahrnehmen, ohne zu bewerten

Wie oben bereits beschrieben, ist Achtsamkeit eine bewusste Entscheidung. Ein Ankommen im Hier und Jetzt, im Moment. Achtsamkeit wird auch definiert als „bewusstes, urteilsfreies Wahrnehmen des gegenwärtigen Moments“. Achtsam zu sein bedeutet, innezuhalten und für einen Moment aus den Routinen auszusteigen:

  • Du erlebst den Moment und nimmst ihn wahr, ohne ihn zu bewerten
  • Du erlebst den Moment und nimmst ihn wahr, ohne ihn zu hinterfragen
  • Du erlebst den Moment und nimmst ihn wahr, ohne ihn verändern zu wollen

Das gilt sowohl für die innere Wahrnehmung wie das Wahrnehmen von Gefühlen und Gedanken als auch für das Wahrnehmen äußerer Geschehens und der Umwelt.

Dazu gibt es eine Geschichte über einen buddhistischen Mönch, der von seinen Schülern gefragt wurde, warum er stets so gelassen ist. Hier kommt seine Antwort in Kurzform:

„Wenn ich stehe, dann stehe ich. Wenn ich gehe, dann gehe ich. Wenn ich esse, dann esse ich. Ihr aber lauft schon, wenn ihr steht. Wenn ihr geht, seid ihr schon angekommen. Und wenn ihr esst, seid ihr schon fertig.“ Erkennst Du Dich wieder?

Was bewirkt Achtsamkeit?

Inzwischen gibt es viele aussagekräftige Untersuchungen über die Auswirkungen von Achtsamkeit. Die Autoren des Buches „Das Achtsamkeitstraining“ beschreiben die Auswirkungen so:

  • Achtsamkeit reduziert Stress und wirkt Blutdruck-regulierend
  • Angst, Depressionen und Reizbarkeit werden reduziert
  • Das eigene Wohlbefinden wird gesteigert
  • Das Immunsystem wird gestärkt
  • Schmerzen, Krankheiten und psychische Beeinträchtigungen werden positiv beeinflusst
  • Der Schlaf wird besser

Ich ergänze dies Aufzählung um den Faktor Selbsterkenntnis, was ich auch sehr wichtig finde. Es ist eine Tatsache, dass man sich selbst besser kennenlernt und lernt, liebevoller und wertschätzender mit sich selbst umzugehen. Das finde ich in Zeiten wie diesen, wo wir so oft fremdgesteuert sind und uns den Anforderungen und den Einflüsterungen von außen zumeist völlig unbewusst beugen, sehr bedeutsam.

Zu Deiner Beruhigung sei gesagt, dass die Übungen in der Regel nicht viel Zeit in Anspruch nehmen und keinerlei Hilfsmittel benötigen. Zur Not kannst Du sie sogar auf der Toilette praktizieren, wenn Du sonst nirgendwo Ruhe findest. Einige gute Gründe, wie ich finde, sich näher mit Achtsamkeit zu befassen und sie in die täglichen Routinen einzubauen. Es ist hier wie bei allem anderen auch: Man muss es üben und das Gehirn trainieren. Nur hin und wieder mal eine Achtsamkeitsübung in den Tagesablauf einzubauen, bringt sicher nicht den erwünschten Nutzen.

Achtsamkeitsübung

Als guter Einstieg in die Achtsamkeit ist die Wenn-dann-Übung geeignet. Zur Erinnerung kannst Du Dir entsprechende Notizen mit Post-it-Zetteln machen und in Deiner Wohnung verteilen.

  • „Wenn ich meine Zähne putze, dann putze ich nur meine Zähne und tue nichts anderes!“
  • „Wenn ich esse, dann esse ich und konzentriere mich nur auf mein Essen!“

    Wenn Du Lust hast, mehr davon auszuprobieren, dann habe ich ein kleines Goodie für Dich, dass Dich lediglich Deine Emailadresse kostet. Ich habe einen kleinen Kurs erstellt, den Du Dir herunterladen kannst. Damit kannst Du erste Schritte in die Welt der Achtsamkeit machen